Die vierte Staffel von TNG stand ganz im Zeichen der Familienbegegnungen. Blu-ray-Käufer sind aber vor allem gespannt, ob sich Qualitätsprobleme der zweiten Staffelbox wiederholen. Wir haben uns die vierte Staffelbox angesehen.
Von Malte Kirchner
Vorwort
Aus heutiger Sicht erscheint einem die vierte Staffel von Star Trek: The Next Generation wie selbstverständlich als Mitte der Serie. Als TNG gedreht wurde, markierte die 80. Folge hingegen einen wichtigen Meilenstein. TNG hatte damit die Vorgängerserie (TOS) überholt. Gene Roddenberry erlebte ein Jahr vor seinem Tod noch, dass der zweite Anlauf für Star Trek dieses Mal buchstäblich unter einem glücklichen Stern stand. Mit dem Ende dieser Staffel sollte sogar die 100 voll gemacht werden. Und ein Ende war zu der Zeit nicht abzusehen.
Ein Vierteljahrhundert später liegt eine Neubearbeitung der Serie vor. In der jetzt vorliegenden vierten Blu-ray-Box können sich die Käufer auf eine Staffel freuen, in der die Serie ihr Profil gefunden hatte.
Mit jeder neuen Staffel gibt es mehr Episoden, die im kollektiven Fangedächtnis als denkwürdig haften blieben. Im folgenden wollen wir untersuchen, wie die HD-Fassung gelungen ist.
Die Episoden
Das vierte Jahr von Star Trek: The Next Generation war ein Familienjahr. Die erste Folge nach dem zweiten Teil von “Best of Both Worlds” (Angriffsziel Erde) spielt auf der Erde bzw. im Erdorbit und handelt von Picards Familie. Aber auch Worfs Kindheit auf der Erde wird intensiver beleuchtet. Später in dieser Staffel wird noch sein Sohn Alexander eingeführt. Eine Folge weiter geht es um Data und seinen Schöpfer. Im Laufe dieser Staffel sollten wir auch einen gewissen Miles Edward O’Brien genauer kennen lernen, der später einer der Protagonisten der Nachfolgeserie Deep Space Nine (DS9) wurde.
Die Entscheidung, mehr Familie zu zeigen, erforderte allerdings auch einen Bruch mit einem eisernen Grundsatz der Serie. In den Extras wird anschaulich beschrieben, wie sich Autoren und Produzenten mit Gene Roddenberry darüber stritten, ob die Familienbegegnung überhaupt stattfinden sollte. Roddenberry war ein Anhänger der in sich geschlossenen Episoden. Autoren wie Ronald D. Moore drängten hingegen, Handlungsbögen zuzulassen. Sie erhofften sich dadurch mehr Möglichkeiten für die Charakterentwicklung.
Zurecht: In dieser Staffel taucht zum Beispiel an verschiedenen Stellen die Entehrung von Worf als Thema auf. SIe gipfelt in den finalen Zweiteiler “Redemption” (Der Kampf um das klingonische Reich). Endlich gelang es der Serie auch, den Tod von Tasha Yar zu thematisieren – ein Thema, über das in der ersten Staffel einfach so hinweg gegangen wurde und dass erstmals in “Yesterday’s Enterprise” in der 3. Staffel angesprochen wurde. . Das Auftauchen ihrer Schwester und ihre halbromulanische Tochter Sela sind weitere Beispiele für Bögen, die der Serie immens nützten.Man mag diese Handlungsbögen noch für zögerlich halten – im Vergleich zu heutigen Serien sind sie womöglich kaum der Rede wert. Für Star Trek war es zu der Zeit geradezu revolutionär.
Die vierte Staffel bietet allerhand Highlights: Neben den Doppelfolgen zu Anfang und am Ende sind unter anderem “Datas Tag”, “Der Rachefeldzug” und “Die Reise ins Ungewisse” zu nennen. Dazwischen gibt es allerdings auch noch einige Folgen, die nicht dieses hohe Niveau erreichten oder gar etwas aus dem Rahmen fielen.
Zu erwähnen ist noch, dass mit der vierten Staffel auch die Zeit von Wesley Crusher auf der Enterprise endete. Auch wenn der altkluge Wesley längst nicht mehr so nervtötend wirkte, wie in den Staffeln zuvor, war es für die Serie eine gute Weichenstellung, dass er ausschied. Es sollte allerdings später noch in einzelnen Folgen einige Wiedersehen geben.
Die Blu-ray-Fassung
Die HD-Fassung von Star Trek: The Next Generation ist eine Mammutaufgabe. Jeder einzelne 35-mm-Filmschnippsel musste in akribischer Arbeit wiedergefunden und digitalisiert werden. Jede Folge wird so zusammengeschnitten, wie sie damals im Fernsehen zu sehen war. Und Dutzende Effekte waren neu zu bearbeiten. Weil dies in dieser schnellen Abfolge von einem Team gar nicht zu schaffen ist, hat CBS Digital die Staffeln mit runder Zahl an einen Dienstleister abgegeben. Dies sollte sich in der zweiten Staffel rächen. Fans beklagten einen Qualitätsunterschied zwischen der Aufarbeitung der ersten und der zweiten Staffel. Der Auftragnehmer hatte offenbar andere, niedrigere Maßstäbe angelegt – dies sah auch CBS so und wechselte die Firma für die vierte Staffel aus.
Mit Modern Videofilm hat CBS ein glücklicheres Händchen bei der Auswahl des Dienstleisters bewiesen. Es darf allerdings auch davon ausgegangen werden, dass die Qualitätskontrolle und die Vorgaben diesmal weitaus strikter waren. Nebenbei bemerkt: Der späte Erscheinungstermin in Deutschland, im September 2013, hat damit nichts zu tun. In den USA erschien die vierte Staffelbox bereits im Juli 2013.
Der neue Dienstleister hatte sich um die 24 Folgen zwischen den beiden Cliffhangern am Anfang und Ende der Staffel zu kümmern. Die Borg- und die Klingonendoppelfolge remasterte CBS Digital in Eigenregie, um ein gleichmäßiges Ergebnis abzuliefern. Hierbei dürfte es auch eine Rolle gespielt haben, dass es Sonder-Blu-rays mit den Cliffhangern gibt. Die Folgen mussten also auch früher als die Staffelboxen fertig werden.
Modern Videofilm hat bei der Bearbeitung der vierten Staffel gute Arbeit geleistet. Als Verbesserung ist zu nennen, dass die in der TV- und DVD-Fassung seinerzeit vorhandenen Helligkeits- und Farbunterschiede durch das Remastering und die Farbkorrektur behoben wurden. Etwas antiquierter Charme bleibt allerdings erhalten: Dafür sorgen die zum Teil etwas grellen Farben, die aber auch der Set- und Kostümgestaltung im Stile der 1990er Jahre geschuldet sind, und die grundsätzliche Entscheidung, die Serie im 4:3-Format zu belassen, also in Kauf zu nehmen, dass Breitbildfernseher links und rechts schwarze Streifen anzeigen.
Die Entscheidung für das Bildformat ist vielfach diskutiert worden. Zugunsten der Befürworter eines von der TV-Fassung abweichenden Formats ist zu sagen, dass einige Szenen in den Extras im 16:9-Format zu sehen sind, also offenbar oben und unten beschnitten wurden. Die Serie wirkt dadurch zeitgemäßer, obwohl anzuerkennen ist, dass vielfach auch Details verloren gegangen wären und die Formatentscheidung letztlich zu akzeptieren ist.
Bei der Bildqualität ist wie immer zwischen Realfilm- und Effektszenen zu unterscheiden. Bei den Realfilmszenen gibt es durch den höheren Detailgrad einen echten qualitativen Zugewinn, weil gerade in den späteren Staffeln viel Energie und Geld in die Sets investiert wurde, was in der damaligen TV-Fassung so gar nicht sichtbar wurde. Wirkte Picards Heimatdorf La Barre in der Fernsehfassung damals noch ziemlich plastikhaft, erstrahlt es in HD in einer Brillianz, die schon einem ganz neuen Erlebnis gleich kommt. Am Beispiel dieser Folge zeigt sich allerdings auch, wo HD am meisten zum Tragen kommt, nämlich in jenen Folgen, die außerhalb der Studios gedreht wurden. Trotzdem gibt es auch in Innenräumen immer wieder Ahaerlebnisse. Als Zuschauer glaubt man auf dem Teppich der Enterprise jetzt regelrecht abgelaufene Stellen zu sehen. In Standardauflösung wirkte der Teppich dagegen oft wie aufgemalt. Übrigens wurden nicht alle Filmrollen wiedergefunden. Glücklicherweise mussten in der Summe aber nur ganz wenige und sehr kurze Szenen von SD- auf HD-Qualität hochgerechnet werden.
Das Hauptaugenmerk vieler Blu-ray-Käufer liegt aber natürlich auf den Effektszenen. Wer parallel die HD-Fassung von Enterprise mitverfolgt, wird bei TNG schwerlich etwas zum Meckern finden. Die Verwendung von Modellen zahlt sich 25 Jahre später aus. Da kann das erst 10 Jahre alte, aber nur mit Computerhilfe produzierte ENT nicht mithalten. Auch bei den Außenszenen hat Modern Videofilm das Niveau der dritten Staffel gehalten. Es gibt nur einige wenige Szenen, wo ein Gefälle zu erkennen ist, was aber dem vermehrten Computereinsatz zuzuschreiben ist. Besonders das Trauma der nicht so schön gestalteten Planetenoberflächen in der zweiten Blu-ray-Box wiederholt sich hier nicht.
Die Extras
Wie bei den vorhergehenden Staffelboxen finden sich neben bekannten Zugaben auch mehrere neu produzierte Extras in HD-Qualität auf den Blu-ray-Discs. Einmal mehr erfreuen gerade die neuen Extras durch eine realistische Betrachtung der Serie mit Pro und Kontra.
Im Gegensatz zu Enterprise ist der Tenor natürlich ein erfreulicherer, schließlich war TNG eine Erfolgsserie. In “Homecoming”, der ersten von zwei halbstündigen Dokumentationen, beschreiben Autoren und Produzenten, wie sich TNG in der vierten Staffel veränderte. Besonders interessant sind hierbei die Widerstände, die es gegen übergreifende Handlungsbögen gab. Hier gibt es übrigens auch ein Wiedersehen mit Star Trek-Experte Larry Nemecek, der mehrfach im Trekcast zu Gast war.
Das zweite Feature, “Prosperity”, setzt den Fokus auf die Schauspieler. Gates McFadden (Beverly Crusher) erzählt etwas über das Tanzen mit Data, Jonathan Frakes bezieht Stellung zum Verhältnis von Riker und Troi und Brent Spiner spricht über die bemerkenswerte Schauspielleistung in der Folge “Brothers”, wo er gleich drei Figuren verkörperte. Etwas merkwürdig ist, dass der Ausstieg von Wil Wheaton als Wesley Crusher nur eine Randnotiz bleibt. Dies ist umso verwunderlicher, wo doch andere Aussteiger wie Denise Crosby (Tasha Yar) in vorigen Extras mehr Raum erhielten, obwohl sie kürzer dabei waren. Der Charakter von Wesley war ja immerhin vier Jahre Teil des Casts und konnte sich nie so richtig etablieren. Wir erleben in den Extras zwar einen gefrusteten Wil Wheaton, bekommen aber von den anderen Hauptdarstellern in der Sache nur wenig zu hören.
Weitere schöne Zugaben sind das Gag Reel in HD-Qualität, eine Diskussionsrunde mit Akteuren aus dem Art Department sowie allerhand entfernte Szenen, die auch einen Blick darauf erlauben, wie die Serie ohne Nachbearbeitung aussieht. Ferner gibt es zwei Audiokommentare, einen zu der Folge “Brothers”, den anderen zu “Reunion”.
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Fazit
Nicht nur die vierte Staffel von TNG, auch diese neue Blu-ray-Staffelbox steht unter einem glücklichen Stern. Das Qualitätstrauma der zweiten Staffel hat sich nicht wiederholt. Nun ist es sicher nicht so, dass die zweite Staffelbox qualitativ schlecht war. Aber die Kritik jener Käufer, die ein perfektes Remastering erwarten, ist durchaus berechtigt, da doch die Neufassung eine einmalige Chance bietet und jedes Quäntchen Verbesserung zudem ein Kaufgrund sein kann.
Wenn es einen Kritikpunkt gibt, dann das Übermaß an Trailern, die mittlerweile zu Beginn der ersten Disc eingespielt werden. Ein Wechsel der Blu-ray ist ohnehin zeitraubend, weil jedes Mal der CBS-Trailer, der Trailer vom Soundsystem und die Introanimation (mit Hinweistafeln) zu sehen sind. Bei der ersten Discs nehmen die Trailer zu anderen Blu-ray-Veröffentlichungen aber mittlerweile sage und schreibe zehn Minuten ein. Hier wäre eine dezentere Platzierung wünschenswert gewesen.
Die vierte Staffelbox hat viel zu bieten: Tolle Episoden, großartige Extras und eine wunderbare Neubearbeitung. Wer sich in den ersten Staffeln von TNG an fehlenden Handlungsbögen und gemischter Qualität rieb, bekommt mit der gestiegenen Qualität der Serie einen weiteren Kaufgrund geliefert.
So macht TNG Spaß – so wünschen wir uns auch die verbleibenden drei Staffeln.
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Details
Produktionsjahr:
Bildformat:
1990/91 (Serie) / 2013 (HD-Fassung)
4:3 Full Frame (1080p)
Englisch: 7.1 DTS-HD Master Audio
Englisch 2: Stereo Surround
Deutsch, Italienisch, Französisch, Spanisch, Japanisch: Mono.
Dänisch, Deutsch, Englisch für Hörgeschädigte, Finnisch,
Französisch, Holländisch, Italienisch, Japanisch,
Norwegisch, Schwedisch, Spanisch
Extras:
Episoden Promotion
Audiokommentare
Logbuch-Archiv
Gag Reel
Gespräch mit der Ausstattungsabteilung (HD)