Es blieb zwar bis zum heutigen Tage unausgesprochen, doch mit jedem weiteren Monat reift die Gewissheit: Star Trek auf Blu-ray ist tot. Das Team, das die vergangenen Veröffentlichungen bearbeitet hat, ist Berichten zufolge bereits aufgelöst. Das massive Preisdumping der TNG- und ENT-Blu-rays spricht auch nicht gerade für einen Erfolg. Und vereinzelt waren Tweets zu lesen, die die Vermutung nähren, dass es das wohl gewesen sein könnte.
Nach The Next Generation (TNG) und Enterprise (ENT) – und Jahre zuvor bereits Classic – wird es wohl so schnell keine Neuveröffentlichungen der Star Trek Serien auf Blu-ray geben. Deep Space Nine (DS9) und Voyager (VOY) werden wir alsbald nicht in High Definition (HD) erleben können. Es ist ein Jammer.
Die Frage nach dem Warum
Wie konnte das passieren? Ohne genauere Kenntnis der Kosten für die Neuveröffentlichung und der Absatzzahlen ist dies betriebswirtschaftlich von außen nur schwer zu bewerten.
Was sich jedoch aus Käufersicht beurteilen lässt, sind das Marketing, die Verkaufsstrategie und das Produkt selbst.
Am Produkt selbst kann ein Scheitern sicher nicht gelegen haben. Die Überarbeitung von TNG hatte sicherlich zeitweise auch ihre Schwächen, wie in Staffel zwei, war jedoch insgesamt überragend gut. Bei Enterprise war der Aufwand dank moderner Produktionsmethoden geringer, dafür jedoch das Ergebnis auch nicht über alle Maße zufriedenstellend. Trotzdem kann – insbesondere auch mit Blick auf die Beigaben – gesagt werden, dass die Produkte überzeugten.
Die Probleme sind folglich wohl eher im Vertrieb zu suchen. Dies fängt bereits mit der Preispolitik an. Star Trek auf Blu-ray war gemessen an anderen Serien unverhältnismäßig teuer. Denn auch die beste HD-Fassung kann nicht wettmachen, dass TNG inhaltlich eine Serie nach den Maßstäben von vor 25 Jahren war. Die Fans lieben es dafür, doch neue Käufer sind für eine 25 Jahre alte Serie in neuem Gewand viel schwieriger zu begeistern. Diese Tatsache hatte man bei der Taxierung offenbar völlig außer Acht gelessen.
Anscheinend wusste von den Verantwortlichen bei CBS sowieso keiner so recht, wen man überhaupt als Zielgruppe im Fokus hatte. Die einen werden sagen, es waren die Fans. Doch die Tatsache, dass man den Preis erst hoch ansetzte, und jetzt, wenige Monate nach der letzten Staffel drastisch senkte, ist eine Zumutung für alle, die so viel Geld dafür ausgegeben haben. Schon die TV-Veröffentlichung der HD-Fassung, die bei Tele 5 bereits während der Veröffentlichung der Blu-rays startete, war ein Ärgernis für jeden, der als Fan sein Erspartes in die Blu-rays angelegt hatte.
Waren also doch Neukäufer im Fokus? Die Auskopplungen einzelner Doppelfolgen auf Sonder-Blu-rays, die in Supermärkten verkauft wurden, sprechen durchaus dafür. Doch auch hier stellen sich einige Frage: Dass gerade mit Blick auf Neukäufer die so wichtigen Onlinemärkte verschmäht und ignoriert wurden, ist im Jahr 2015 geradezu grotesk. Vergeblich suchte man in Deutschland TNG in HD-Qualität bei iTunes und anderen digitalen Filmportalen. Im Streaming ist Star Trek hierzulande ebenfalls dünn besetzt. Und warum es die Einzel-Blu-rays nur in Supermärkten und erst sehr viel später auch bei Amazon zu kaufen gab, wo ein gro0es Potenzial an Neukäufern besteht, verstehe, wer will.
Gesunder Menschenverstand
Natürlich haben wir als Konsumenten nicht die Marketing Skills, um es mal neudeutsch zu formulieren, mit denen sich die Vertriebsprofis schmücken. Dafür haben wir etwas, das sich gesunder Menschenverstand nennt, und dem sträubten sich angesichts der Verkaufsstrategie von Star Trek auf Blu-ray die Nackenhaare.
Die Frage ist weniger, warum sich Star Trek nicht verkaufte. Die Frage ist, warum man es nicht vernünftig verkauft hat. Und warum man diese Kritik am Vertrieb, die hier nicht zum ersten Mal zu lesen ist, nie ernst genommen hat. Dazu passt auch eine merkwürdige Informationspolitik, die offen ließ, warum die Blu-rays erst in sehr schneller Abfolge, später in sehr langer erschienen. Das alles machte für den Käufer keinen Sinn.
Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen
Rückblickend denkt man unweigerlich an das Bild der drei Affen, die sich Augen, Ohren und Mund zuhalten. Ähnlich glücklos agierte auch CBS, das den Fans etwas gab, was sie gerne wollten und doch nicht imstande war, ihre Rufe zu erhören oder wenigstens mit ihnen zu sprechen. Zwar waren mit Roger Lay Jr. und Richard Meyer Burnett bei der Neubearbeitung zwei Fans am Werke, die wussten, was die Star Trek Interessierten wollen. Aber am Ende waren sie nur wie ein Flaschenhals zwischen den Kunden und dem Management, das die heutigen Onlineinstrumente nicht hörte, vielleicht auch nicht verstand und somit bei den Star Trek Blu-rays erfolglos blieb.
Goldesel, der sich nicht zähmen lässt
Das passt zu einer Beobachtung, die man als Star Trek-Fan schon seit Jahren macht und die sich als Eindruck immer mehr verfestigt. Es dürfte wohl kaum einen Zweifel daran geben, dass Star Trek ein Goldesel ist, der Paramount und CBS viel Geld einbrachte und sicher das Potenzial hat, auch weiterhin viel Geld abzuwerfen.
Doch schon mit den TNG-Filmen und den letzten Serien kam der Eindruck auf, dass es den Verantwortlichen immer weniger gelang, den Esel zu zähmen. Wild und ungestüm reitet man ihn durch die Gegend und dreht sich augenscheinlich dabei doch nur im Kreis.
Zeichen der Hilflosigkeit
Das Beauftragen von J. J. Abrams für die Star Trek-Filme als Zeichen der Hilflosigkeit kann man noch als umstritten durchgehen lassen. Hier gehen die Meinungen der Fans weit auseinander. Das glücklose Agieren bei den Blu-rays und das augenscheinliche Unvermögen, seit zehn Jahren keine neue Serie an den Start zu bringen, sind jedoch klare Indizien dafür, dass es nicht Rick Berman und seine erschöpften Leute waren, wegen derer Star Trek Mitte der 2000er Jahre in eine Krise schlitterte, sondern ursächlich eher die Rechteinhaber, die außer hohen Renditeerwartungen keine Vorstellung dafür entwickeln können, wo man mit Star Trek in Zukunft hin möchte.
Die Nachricht, dass ein Fan, der eine eigene Serie konzipiert hat, zum Gespräch eingeladen wird, sieht in diesem Kontext wie ein Geschenk des Himmels aus oder ein Erwachen, rechtzeitig vor dem 50. Geburtstag Star Treks. Aber es ist noch nicht der Durchbruch zum Positiven und ändert nichts daran, dass der richtige Umgang mit dem Erbe Roddenberrys und Bermans in Form von DS9 und VOY noch nicht gefunden wurde.
Perspektive Crowdfunding?
Eine Lösung könnte es sein, komplett neue Wege zu beschreiten. Warum sollte man nicht einfach mal ein Crowdfunding-Projekt starten, um die restlichen Blu-ray-Veröffentlichungen zu realisieren. Star Trek-Fans sammeln Geld, um die weitere Neubearbeitung zu realisieren, und erhalten dafür die Blu-rays. Jeder Blu-ray- oder Lizensierungserlös, der darüber hinausgeht, darf CBS behalten.
Es wäre wirtschaftlich tragbar, eine Handreichung an die Fans und vor allem ein Zeichen dafür, dass Star Trek im 21. Jahrhundert angekommen ist.
Malte Kirchner